News Regio Basiliensis
25.09.2023
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VIII
Der Verein Regio Basiliensis feiert in diesem Jahr sein 60. Jubiläum – ein guter Grund, um mit Ihnen auf die wichtigsten Meilensteine der Oberrheinkooperation der letzten 60 Jahre zurückzublicken. Sie setzen Schlaglichter auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Oberrhein, reflektieren ihre Bedeutung für die Gegenwart und zeigen, dass die Regio-Idee auch noch heute ausgesprochen lebendig ist. Im achten Beitrag steht die trinationale S-Bahn im Fokus – die Umsetzung einer Regio-Idee par excellence.
Der Ausbau der trinationalen S-Bahn für eine bessere Erreichbarkeit im Dreiland
Die trinationale S-Bahn stellt die Grundlage des öffentlichen Verkehrs in der grenzüberschreitenden Agglomeration Basel dar. Sie verfügt über ein Streckennetz von 357 Kilometern und befördert jährlich über 40 Mio. Fahrgäste. Das Angebot wird von sieben regionalen Aufgabenträgern aus drei Ländern, das heisst den fünf Kantonen der Nordwestschweiz, dem Land Baden-Württemberg und der Région Grand Est, sichergestellt und weiter ausgebaut. Sie hatten 2016 ihre Kräfte gebündelt und sich unter der Dachmarke «trireno» zusammengeschlossen. Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, die Bahnnetze von Frankreich, Deutschland und der Schweiz in der Region Basel Schritt für Schritt zu einem gemeinsamen, grenzüberschreitenden S-Bahn-System zusammenzuführen.
Hierzu sind in den kommenden Jahren an den sieben Äste der trinationalen S-Bahn, die Südbaden, Mulhouse und die Nordwestschweiz mit Basel verbinden, verschiedene Baumassnahmen geplant. Ziel ist es, dass Reisende zukünftig die Basler Bahnhöfe sowie die Strecken jenseits des Zentrums von allen sieben Ästen des Netzes direkter und ohne Umsteigen erreichen können. Auch wird der Takt verdichtet und es werden neue Haltestellen und Verkehrsdrehscheiben an Orten grosser Nachfrage eingerichtet.
Die Anfänge der trinationalen S-Bahn
Die Ursprünge gehen auf eine Initiative der Regio Basiliensis in den 1960er-Jahren zurück. Das Thema Verkehr ist seit ihrer Gründung und bis heute ein Schwerpunkt der Regio Basiliensis. Planungsgrundlage einer künftigen trinationalen S-Bahn sollte ein Gutachten zu den Themen Wirtschaft/Besiedlung/Verkehr bilden, welches der Verein 1967 erarbeiten liess und in dem bereits Transportplanvarianten vorgeschlagen wurden. So gilt die von der Regio Basiliensis im Jahr 1969 vorgelegte Transportplanvariante 3 im Zwischenbericht Nr. 9 dieses Gutachtens als Geburtsstunde der «Regio-S-Bahn». Sie war in der Tat visionär, denn sie enthielt schon den Bahnanschluss des Flughafens und die Verbindung «Herzstück» durch das Stadtzentrum. Anders als die offiziellen Planerinnen und Planer, die eine städtische Tiefbahn vorsahen, schlugen die Gutachterinnen und Gutachter die Nutzung des bestehenden Eisenbahnnetzes vor, für die nun Entscheidungsträgerinnen und -träger in allen drei Ländern gewonnen werden mussten. Dazu trug der erste Regio-Fahrplan bei, für den sich die Regio Basiliensis stark einsetzte. Er zeigte 1977 erstmals das gesamte Angebot des öffentlichen Verkehrs in der grenzüberschreitenden Region und das Potenzial an Bus-, Tram- und Eisenbahnverbindungen auf.
Von der Idee zur Realisierung der ersten S-Bahn-Linie
Nach einem wichtigen Grundsatzbeschluss des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt und Untersuchungen seitens der SBB, kam es im Mai 1986 in einer Sitzung des Comité Tripartite, dem Vorläufer der Deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinkonferenz, zum Durchbruch und zur Gründung eines trinationalen Expertenausschusses unter dem Vorsitz von Christian Haefliger, dem damaligen Geschäftsführer der Regio Basiliensis. Mit dem Rückenwind der von den drei Staatschefs beim Regio-Gipfel 1989 unterschriebenen «Déclaration Tripartite», wurde das Projekt in den folgenden Jahren von den Gebietskörperschaften und den drei Staatsbahnen umgesetzt. So konnte 1997 mit der «Grünen Linie» Frick/Laufenburg-Basel-Mulhouse die erste grenzüberschreitende S-Bahn-Linie in Betrieb genommen werden. Ende 2006 folgte die grenzüberschreitende «Rote Linie» S 6 vom Bahnhof SBB bis ins Wiesental. Die Vision der Regio Basiliensis war Realität geworden. Mit seinem unablässigen Engagement in den politischen Gremien hat der Verein entscheidend dazu beigetragen.
Die Regio Basiliensis blieb im Thema aktiv: So wurde am 8. Dezember 1982 der Verein «Gruppe Bahnhof» als überparteiliche Arbeits- und Interessengruppe «Verkehrsdrehscheibe und Dienstleistungszentrum Bahnhof SBB» gebildet. Er diente der politischen Unterstützung des Vorhabens, den Bahnhof Basel SBB aufzuwerten. Der Verein wurde administrativ von der Regio Basiliensis betreut und von 2001 bis 2006 von Christian Haefliger präsidiert. 2012 nannte sich die Vereinigung in «Pro Herzstück» um.
Das Herzstück – ein Quantensprung für den öffentlichen Nahverkehr in der Region
Ein zentrales Bauprojekt im Rahmen der trireno-Vorhaben ist das «Herzstück». Es ist das strategisch bedeutendste Verkehrsprojekt für die Region Basel und stellt einen Quantensprung für die Erreichbarkeit in der Region dar. Denn es beabsichtigt zwischen dem Bahnhof SBB/Gare SCNF und dem Badischem Bahnhof die Lücke im historisch gewachsenen Eisenbahnnetz der Dreiländerregion zu schliessen. Mit einer unterirdischen Durchmesserlinie sollen die regionalen Bahnlinien der S-Bahn mit dem «Herzstück» zu einem zusammenhängenden S-Bahnnetz zusammenwachsen. Dank einem unterirdischen Ast des «Herzstücks» zum Bahnhof St. Johann ist zudem die optimale Anbindung des EuroAirports an das Schienennetz der S-Bahn gewährleistet.
Das Engagement der Regio Basiliensis geht weiter
Die Entwicklung der trinationalen S-Bahn zeigt beispielhaft den Weg zur Umsetzung einer Regio-Idee: Von der Vision über eine längere Phase der «Inkubation» zur grenzüberschreitenden Beschlussfassung und schliesslich zu ihrer Umsetzung durch die zuständigen Stellen in den einzelnen Ländern. So funktioniert erfolgreiche Zusammenarbeit in einer europäischen Grenzregion. Dabei gilt es, die Themen weiterzuentwickeln. So wird sich der Verein auch künftig für den Ausbau und eine Optimierung der Bahninfrastruktur in der Grenzregion engagieren, etwa für einheitliche grenzüberschreitende Tarife, Tickets und Fahrpläne und einen trinationalen Verkehrsverbund. Dass er sich dabei weiterhin besonders auch für den Bahnanschluss zum EuroAiport und das «Herzstück» stark machen wird, versteht sich von selbst.
Foto: Transportplanvariante 3, Erschliessungsbereiche S-Bahn: Die Vision der Regio Basiliensis enthielt bereits 1969 den Bahnanschluss des Flughafens und die «Herzstück»-Verbindung durch das Stadtzentrum. Quelle: Arbeitsgruppe Regio Basiliensis, Gutachten Wirtschaft/Besiedlung/Verkehr, Zwischenbericht Nr. 9.
Textquellen: Publikationen der Regio Basiliensis und Weber, Martin/Jakob, Eric/Regio Basiliensis (Hg.): Die Regio-Idee. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region Basel, 1. Auflage, Basel 2013.
Meilensteine der Oberrheinkooperation - Teil I: Die Gründung der Regio Basiliensis und der IKRB
Meilensteine der Oberrheinkooperation - Teil II: Die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG)
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil III: Der Regio-Gipfel in Basel 1989
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil IV: Die Einführung von Interreg
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil V: Die Deutsch-französisch-schweizerische Oberrheinkonferenz
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VI: Die INFOBEST PALMRAIN
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil VII: Das Karlsruher Abkommen
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil IX: Die Beziehungen Schweiz-EU
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil X: Der Trinationale Eurodistrict Basel (TEB)
Meilensteine der Oberrheinkooperation – Teil XI: Die Beteiligung der jungen Generation